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rhinescheme

Wiederbelebung einer historischen Straße in Fuzhou/China

Hangzhou Dazhong Photography
Hangzhou Dazhong Photography
Ort
Fuzhou, Jiangxi Province
Bauvorhaben
Sanierung
Jahr der Fertigstellung
2018
Architektenpreis
2020 "Architectural Design Award der Architectural Society of China" "Ehrenpreise" beim "REARD Global Design Award" sowie beim "REARD
Wiederbelebung einer historischen Straße in Fuzhou/China
 
RhineScheme's Planung der Restaurierung und Erneuerung der Heng-Straße im Wenchangli-Bezirk wurde 2020 mit dem "Architectural Design Award der Architectural Society of China" ausgezeichnet. Außerdem wurde sie 2021 mit dem "Ehrenpreis" beim renommierten "REARD Global Design Award" sowie beim "REARD Urban Renewal Design Award" honoriert.
 
Der historisch und kulturell bedeutende Stadtbezirk Wenchangli liegt am Ostufer des Flusses Fu (Fuhe) in Fuzhou, im Südosten Chinas. Er ist eine historische Landmarke und eines der am besten erhaltenen historischen Stadtviertel in der Provinz Jiangxi.
Die Gesamtfläche des Bezirks beträgt über 65 Hektar, der städtische Planungsbereich des Kerngebiets, in dem sich die Hengjie (Heng-Straße) befindet, umfasst etwa 17 Hektar.
Die Heng-Straße ist reich an historischen und kulturellen Bauten. Mit 4 Kulturdenkmälern, 7 denkmalgeschützten historischen Gebäuden und Dutzenden erhaltener Altbauten ist das originale Stadtbild über seine historischen Elemente sehr gut ablesbar.
 
Der Bereich um die Heng-Straße galt als das wohlhabendste Geschäftsviertel von Fuzhou, als das Werftenzentrum inmitten der Altstadt, und er ist Beispiel für eine typische Siedlung am Ufer des Fu-Flusses.
Mit dem Wandel der Zeit und der Entwicklung anderer Verkehrsmittel für den Warentransport verlor der Wenchangli-Bezirk an Bedeutung, verfiel allmählich und wurde zu einer Barackensiedlung mit baufälligen Gebäuden und veralteten kommunalen Einrichtungen, verbunden mit erheblichen Sicherheitsrisiken.
Besonders auffällig war dies in der Gegend der Hengjie.
"Wenchangli ist voll von heruntergekommenen, verrotteten Häusern! Wann werden sie endlich abgerissen?" fragten die öffentlichen Medien. Der Verfall war letztlich zu einem Anliegen der örtlichen Bevölkerung geworden.
 
Gemäß den örtlichen Leitlinien "zum Schutz und zur Erneuerung des historischen und kulturellen Bezirks" zielt die von RhineScheme für die 'China Academy of Urban Planning & Design' durchgeführte Planung darauf ab, die historische Authentizität, die Integrität und die einzigartigen Merkmale des Ortes zu erhalten.
Einschließlich der Hofbereiche entlang der Heng-Straße und ihrer beiden Nebenstraßen ("Dreiecks-Gasse" und Zhuyi-Straße) beträgt die Eingriffsfläche rund drei Hektar. Der Gesamtumfang der Bauarbeiten bewegt sich in ähnlicher Größenordnung, nämlich rund 27.000 m2 BGF.
 
Um die städtischen Planungsauflagen zu befolgen, musste die Restaurierung des Viertels wissenschaftlich begleitet werden.
Der Schutz kulturellen Erbes war mit zeitgemäßen funktionalen Anforderungen in Einklang zu bringen; das traditionelle Geschäftsviertel sollte aber auch mit neuer urbaner Vitalität ausgestattet werden.
Diese Herausforderungen wurden im Rahmen der Restaurierungs- und Erneuerungsmaßnahmen äußerst sorgfältig angegangen.
 
Bestandsaufnahme und Analyse
 
Zunächst wurde eine Bestandsaufnahme durchgeführt mit dem Ziel, die zu schützenden Elemente zu erfassen: Das Projektteam bewertete die vorgefundenen historischen Relikte im Zusammenhang mit deren Nutzung. Die ursprünglichen Nutzer waren: Handelsunternehmen, Schiffsbauer, Öltransporteure, Getreideverarbeitung und -verkauf, traditionelles Kunsthandwerk sowie moderne Finanzindustrie.
Soziologen zeichneten mündliche Berichte aus Befragungen auf und ordneten diese den historischen Gebäuden zu.
Diese Studie bildete die Grundlage für die Bestimmung der Relevanz der Architektur vor Ort, erleichterte ihre Klassifizierung und diente als Leitfaden für die Entwicklung und Umsetzung von Gestaltungsprinzipien.
 
Wichtige architektonische Elemente wurden erfasst, analysiert und katalogisiert:
Bei den Gebäuden im Hengjie-Gebiet handelt es sich hauptsächlich um Holzrahmenbauten mit relativ dünnen Pfosten/Säulen. Die Bauvorschriften sind vergleichsweise einfach. 80% der Gebäude in der Hengjie wurden gewerblich genutzt. Es war umstritten, ob die vorhandenen Geschäftshäuser erhalten werden sollten. Das Projektteam von RhineScheme untersuchte die Fassadenkomposition entlang der Hengjie, fasste die architektonischen Merkmale zusammen und verfeinerte sie mit dem Ziel, einen Konsens über ihren Schutz zu erreichen.
Die typische Gebäudeanordnung besteht aus einem Laden, der mit seiner Längsseite die Strasse flankiert, und einer dahinterliegenden tiefen Werkstatt; als Materialien kommen Holzrahmen, Fliesen und Lehmwände zum Einsatz.
Die Fassadenanalyse hat drei charakteristische Fassadenstile in der Heng-Straße zutage gefördert: den westlich geprägten sog. "Minguo-Stil" der Republik China (1912-1949), den provinztypischen "Jiangxi-Stil" mit Ziegel-, Holz- und Steinfassaden, sowie die charakteristischen Lehmbaufassaden in Holzständerwerken.
Im Laufe der Zeit wurden einige der ursprünglichen Gebäude abgerissen, neue errichtet, andere teilweise rekonstruiert. Die Analyse ergab, dass der Typus "Lehmfassade" mit einem Anteil von mehr als 80 % der prägendste in der Heng-Straße ist.
 
163 Gebäude im Gebiet wurden klassifiziert; auf der Grundlage der Bewertungsergebnisse wurde das Renovierungsprogramm erstellt.
Sechs der Klassifizierung folgende Kategorien entsprechen sechs unterschiedlichen Eingriffsstufen hinsichtlich des Gebäudeschutzes und der Renovierungsmethoden, von leicht bis schwer.
Daraus wiederum resultierten drei verschiedene architektonische Interventionsstrategien:
Erstens "Erhalt ursprünglicher Materialien, Formen, Strukturen und Baupraktiken", zweitens "traditionelles Aussehen mit neuem Inhalt", und drittens "Koordination und Modernität".
 
Gebäude-Restaurierung, -Renovierung und –Umnutzung
 
wurden anhand verbindlicher Arbeitsprinzipien entsprechend den örtlichen Gegebenheiten durchgeführt. Dazu zählen:
 
- Umgang mit Originalelementen
Originalelemente sollen durch eine Korrosionsschutzflüssigkeit gesichert bzw. einer feuchtebeständigen Behandlung unterzogen werden. Originalelemente sollen für deren Wiederverwendung nach Gebäudenummern katalogisiert und geschützt gelagert werden.
 
- Neue Nutzung alter Handwerke
Ein Demonstrationsbereich für traditionelles Handwerk wurde eingerichtet, um ortstypische Bautechniken wie das Errichten von Lehmwänden aus Bambusgeflecht und Lehmziegeln zu erhalten, zu optimieren und auch zugehörige Bauhandwerke wiederzubeleben.

- Holzverkleidete Stahlbauweise
soll bei Rekonstruktion und Neubau auf innovative Weise eingesetzt werden. Stützenabstände können auf diese Weise vergrößert und an moderne funktionale Anforderungen angepasst werden.
Eine harmonische, kaum unterscheidbare rhythmische Beziehung zu den Stützen der bestehenden Gebäude bleibt dennoch erhalten.
 
Innenausbau
Räume werden in ihrer Aufteilung so optimiert, dass sie zwar den städtischen Auflagen entsprechen, sich aber gleichzeitig neuen Geschäftsmodellen anpassen können. Die architektonische Planung sieht Rohbau-Konstruktionen vor, die den Innenausbau separat und individuell für jedes Gebäude ermöglichen.
 
Auswirkungen auf den Bezirk
 
Bei der Restaurierung und Erneuerung des Hengjie-Gebiets wurden städtische Anforderungen zum "Schutz der historischen und kulturellen Bezirke" auf jeder Planungs- und Realisierungsebene eingehalten und in einen einheitlichen Gesamtentwurf integriert.
Historie, Baustil und traditionelle Kultur wurden als untrennbare Einheit bewahrt.
Historische Straßen und Wege, Kulturdenkmäler, historische Gebäude, wichtige historische Stadtelemente wie Abflussrinnen, alte und bedeutende Bäume wurden angemessen geschützt und als Ensemble bewahrt.
Das Umfeld, die Infrastruktur und die öffentlichen Dienstleistungsangebote wurden verbessert.
Alle Gebäude im Hengjie-Gebiet wurden an Wasser, Strom und Gas angeschlossen.
Traditionelle Brandmauern wurden wiederhergestellt, und es wurde ein Brandschutzsystem installiert, das sich in das historische Ambiente des Bezirkes einfügt.
 
Das vier Jahre dauernde Restaurierungs- und Erneuerungsprojekt hat historische Gebäude erhalten und das Wohnumfeld des Bezirkes entscheidend verbessert.
Immateriellem Kulturerbe wie dem sog. "Linchuan-Bambusstreifenhandwerk" und dem "Linchuan-Baihu-Ofenbau" konnte der ihnen angemessene Raum wiedergegeben werden.
Mit dem Einsatz innovativer Technologien konnten zeitgemäße Funktionen in historischem Raum realisiert sowie materielles und immaterielles Kulturerbe erhalten und vereint werden.
Das einst verfallene und baufällige Stadtviertel hat sich durch die Interventionen auf vitale Weise weiterentwickelt, ohne seine Wurzeln aufzugeben.
 
 
Projektdaten
 
Ort:                         Fuzhou, Jiangxi Province / China
Auftraggeber:    China Academy of Urban Planning and Design (CAUPD)
Planung:               2016 – 2018
Eröffnung:           Sep. 2018
Planungsgebiet: 2,9 ha
BGF:                       27.000 m2
Leistungen:          Bestandsaufnahme und –analyse, Planung der Restaurierungs, -umbau- und Neubaumaßnahmen, vertiefte Entwurfsplanung der Gebäude, Freiraum- und Landschaftsplanung                       
Awards:                
2020 "Architectural Design Award der Architectural Society of China"
"Ehrenpreise" beim "REARD Global Design Award" sowie beim "REARD Urban Renewal Design Award"
Designteam:         Ran Li, Pablo Molina, Yu Zheng, Yan Xiong, Lola Zhang, Kseniya Kapitonova, Xuanwen Tao, Yiting Chen, Yuxuan Deng, Jia Su, Yunqing Li
Fotograf:                Hangzhou Dazhong Photography